Brautnacht (Goethe)

Brautnacht

Im Schlafgemach, entfernt vom Feste,
Sitzt Amor dir getreu und bebt,
Daß nicht die List mutwill'ger Gäste
Des Brautbetts Frieden untergräbt.
Es blinkt mit mystisch heil'gem Schimmer
Vor ihm der Flamen blasses Gold;
Ein Weihrauchswirbel füllt das Zimmer,
Damit ihr recht genießen sollt.

Wie schlägt dein Herz beim Schlag der Stunde,
Der deiner Gäste Lärm verjagt;
Wie glühst du nach dem schönen Munde,
Der bald verstummt und nichts versagt!
Du eilst, um alles zu vollenden,
Mit ihr ins Heiligtum hinein;
Das Feuer in des Wächters Händen
Wird, wie ein Nachtlicht, still und klein.

Wie bebt vor deiner Küsse Menge
Ihr Busen und ich voll Gesicht!
Zum Zittern wird nun ihre Strenge,
Denn deine Kühnheit wird zu Pflicht.
Schnell hilft die Amor sie entkleiden,
Und ist nicht halb so schnell, als du;
Dann hält er schalkhaft und bescheiden
Sich fest die beiden Augen zu.

von Johann Wolfgang von Goethe